Damenrede 2003 |
Damenrede |
Kann von werten Farbenbrüdern für Verbindungsbälle gerne übernommen werden, bitte um kurze Mitteilung
Meine hochverehrten Damen, meine Herren! Lange habe ich im Vorfeld darüber nachgedacht, wie ich das reizende Geschöpf der Dame an sich beschreiben und meine Verehrung eben dieser angemessen ausdrücken könnte. Nichts sollte unserem Verband ferner liegen als bloßes Schwarz-Weiß-Denken. Ebenso sollten wir alle gelernt haben über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen, der mehr beinhalten sollte als 64 gleichmäßig angeordnete Felder. Sie ahnen schon, auf was ich anspielen möchte? Ja richtig, auf das Schachbrett. Ich habe mich trotz der gerade angesprochenen Bedenken für diesen Vergleich entschieden. Denn ungeachtet der begrenzten Geometrie des Schachbrettes bietet das Spiel an sich mit seinen verschiedenen Figuren einen recht umfangreichen Überblick über die vielfältige Gesellschaft und räumt aber (und so sollte das in einer Damenrede ja schließlich auch sein) - und räumt aber der Dame in seiner Mitte einen besonderen Platz ein. Denn im Spiel der Könige steht unter den meist paarweise angeordneten Figuren die Dame als einzige weibliche Vertreterin nicht nur ihrem eher behäbigen König als Partnerin zur Seite, sondern sie versteht es meist auch, sich geschickt der gegnerischen Angriffe zu erwehren und zum Gegenangriff überzugehen. Nicht so leicht wie im Spiel lässt sich im wirklichen Leben leider erkennen, wer ihr tatsächlich freundlich gesonnen ist und wer ihr gegenüber nichts Gutes im Schilde führt. Wie aber, wird sie im einzelnen mit der männlichen Übermacht fertig? [nimmt Bauern] Nehmen wir z. B. den Bauern. Betrachten wir ihn als Vertreter eines Standes, mit dem - nun ja - eher begrenzten Horizont, der ja - glaubt man den Zeitungen und den Talkshows - einen nicht unwesentlichen Teil unserer Gesellschaft ausmacht. Alle Anwesenden möchte ich aber, selbstverständlich davon ausnehmen. Dieser begrenzte Charakter nun kennt nur - wenngleich er damit nicht weit kommt - den sturen Vorwärtsdrang. Ein Schritt zur Seite oder gar Rückzug kommen für ihn nicht in Frage. Da jedoch die kluge Dame in ihrer Arroganz niemals einen solchen Bauern zu nahe an sich heran lassen würde, ist dieser in ihren Augen auch keine ernsthafte Bedrohung, sondern bestenfalls gut für das gleichnamige Opfer. [nimmt Springer] Oder wie sieht es mit dem Springer aus? Dieser flatterhafte Geselle und Vertreter der Schürzenjäger auf dem Feld lässt sich wegen seiner oft unberechenbaren Laufrichtung schwer einschätzen. Er ist ein richtiger Hengst, überall zuhause und hält sich nicht sehr oft an ein und demselben Fleck auf. Das macht ihn schwer zu fassen, doch eine Dame von Format lässt sich durch solch mangelnde Zielstrebigkeit nur selten beeindrucken. Manche Damen jedoch sollen auch wider besseren Wissens schon dem Charme eines dieser Weiberhelden erlegen sein. Die Gegenwart solcher Herzensbrecher unter den Anwesenden möchte ich diesmal explizit nicht ausschließen. [nimmt Läufer] Auch der Läufer kann sich zu einem sehr gefährlichen Querschläger entwickeln, dessen Attacken jedoch nie von vorne und ehrenhaft von Angesicht zu Angesicht erfolgen. Vielmehr bevorzugt dieser feige Kerl schräge Angriffe aus dem Hinterhalt. Erprobte Wege verlässt er allerdings nicht, er verkehrt nur in seit jeher festgelegten Bahnen, schiefe noch dazu. Hat er einmal auf Schwarz oder Weiß gesetzt, so wird er davon niemals mehr abweichen. Der Dame hingegen sind solcherlei Einschränkungen gänzlich unbekannt, wird sie einmal schief angeschaut, lässt sie den Burschen einfach links liegen oder aber sie lehrt ihn gehörig das Fürchten. [nimmt Turm] Erfrischend aufrichtig hingegen gibt sich der Turm. Anfangs steht er als engster Vertrauter des Königs - nach der Dame natürlich - zumeist ruhig und abwartend in der Ecke, bewegt er sich einmal, dann geradlinig und bestimmt. Geht er aber zum Angriff über, so erfolgt dieser immer frontal und direkt. Hier allerdings zeigt sich seine ganze Kraft. Sich ihm in den Weg zu stellen wagt die Dame nur selten. Eine Partnerschaft macht ihr der Einzelgänger mit seinen Ecken und Kanten nicht leicht, akzeptiert sie aber sein außergewöhnliches Wesen vorbehaltlos, können beide in dieser Allianz ungeahnte Kräfte entwickeln. [nimmt Dame] Richtig interessant wird es, wenn eine Dame auf ihresgleichen trifft... Sehr häufig ist diese Konstellation allerdings nicht, da sich die Dame gerne in vornehmer Zurückhaltung übt, um kritische Situationen zu vermeiden. Unbestritten ist sie die Mächtigste auf dem Feld, sie zeichnet sich durch ihre besondere Gewandtheit und Raffinesse aus. Ins Wanken gerät dieses Bild der gelassenen Überlegenheit jedoch, wenn ihre Gegenspielerin in Erscheinung tritt. An diesem Punkt zieht die Dame alle Register: mit Bedacht spielt sie alle ihre Trümpfe aus, um die Rivalin so weit wie möglich aus der Reserve zu locken und sie aus dem Spiel zu werfen. Geht dieser Plan nicht auf, dann kommt die - gerade von uns Männern gefürchtete - weibliche 'Logik' zum Tragen. An Stelle des Verstandes regieren für uns nicht nachvollziehbare Emotionen, und kein Duell könnte listenreicher und erbitterter geführt werden als mit den Waffen einer Frau. Niemals jedoch setzt sie diese um ihrer selbst Willen ein, sondern einzig und allein, um ihren geliebten König zu schützen. Auf sich alleine gestellt eher hilflos, kann dieser sich getrost auf die Stärke seiner Partnerin verlassen. Bei all diesen Eigenschaften, Vorzügen und Stärken der Frau, sollten wir Männer, die wir oft so gerne als Könige im Spiel des Lebens auftreten wollen, die Frau als eine Königin an unserer Seite verstehen, die uns durch Klugheit und Charme sicher und unbeschadet durch dieses Spiel des Lebens führt und verhindert, dass wir Schach matt gesetzt werden. Prosit!! ==> weitere Ballphotos |